3. Schaffen wir Werke des Friedens

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hosanna (Rette doch!/Sei gesegnet!)

hosanna ist die älteste Glocke des Freiburger Münsters, gegossen 1258. Sie trägt die Inschrift: „O König der Herrlichkeit – komm mit Frieden! – o rex glorie veni cum pace!“. Name und Inschrift sind Friedensrufe, die auf mittelalterlichen Glocken nicht selten waren.

Die Freiburger Glocke trägt einen weiteren Zusatz: „Während ich ertöne, eile zu Hilfe dem Volk, gütige Maria! – me resonante pia popoulo sucurre maria!“ Das Freiburger Münster ist der Gottesmutter, unserer lieben frau, geweiht.

hosanna wiegt 3.290 kg und gehört zu den ältesten erhaltenen Glocken dieser Größe. Der Münsterturm wurde um 1330 fertig. Er war mit 116 Meter damals der höchste Turm der Christenheit, allerdings bald übertroffen von der Kathedrale von Salisbury und der Lübecker Marienkirche (124 m). Sein Glockenstuhl aus Tannenholz ist ein Meisterwerk der mittelalterlichen Zimmermannskunst, die ältesten Balken stammen von Bäumen, die 1290/91 gefällt wurden. Die hosanna hatte wohl einen Glockenstuhl vor dem Münster, bis zur Errichtung des Glockenstuhls im Münsterturm.

Jacob Burckhardt sagte von Münsterturm in einem Vortrag von 1869 im Vergleich mit Basel und Straßburg: „Und Freiburg wird wohl der schönste Turm auf Erden bleiben.“ Eine neue vergleichende Untersuchung aller erhaltenen Risse seitens des Instituts für Baugeschichte der Universität Karlsruhe (2009) stützt die Angabe des Chronisten von Thann, Malachiam Tschamser (1724): „Und soll Ervinus von aSteinbach der diß Jahr das Münster zu Straßburg fertig gemacht, den Riß zu dißem (i. e. Thann) auch gemacht haben wie auch zu Freyburg.“

Erklärung vom 22. Mai 1790 der Französischen Nationalversammlung und gleichlautender Art. 4 Verfassung vom 3. September 1791:

„L’Assemblée nationale déclare que la Nation Française renonce á entreprendre aucune guerre dans la vue de faire des conquêtes et qu’elle n’emploiera jamais ses forces contre la liberté d’aucun Peuple.“

Die französische Nation verzichtet darauf, einen Krieg zu Eroberunggszwecken zu unternehmen; sie erklärt, daß sie ihre Streitkräfte niemals gegen die Freiheit irgendeines Volkes einsetzen wird.

Eleanor Roosevelt (1884-1962)

Eleanor Roosevelt ist die Mutter der UN-Resolution zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948.

Der USA Präsident Harry Truman hatte Eleanor Roosevelt (1884–1962), die Witwe seines Vorgängers Franklin Roosevelt, zur Delegierten der Vereinten Nationen ernannt. Als Vorsitzende der Menschenrechtskommission bereitete sie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vor – zusammen mit dem kanadischen Juristen John Humphrey, dem libanesischen Politiker und Philosophen Charles Malik, dem französischen Juristen René Cassin, dem chinesischen Philosophen Peng-chun Chang sowie Jacques Maritain13. Sie legte das Beratungsergebnis am 10. Dezember 1948 der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit den Worten vor:

  • Wir stehen heute an der Schwelle eines großen Ereignisses im Leben der Vereinten Nationen und im Leben der Menschheit. Diese Erklärung kann die internationale Magna Charta aller Menschen werden.
  • „Alle Menschen (zitierte sie aus der Präambel) sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen“.

Als Eleanor Roosevelt geendet hatte, erhoben sich die Delegierten zum ersten und letzten Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen zu einer Standing Ovation für eine der ihren.

Zwar ist eine Resolution kein völkerrechtlicher Vertrag und somit als solche formal nicht bindend. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 wurde aber wegen ihrer universellen Anerkennung und ihrer Bekräftigung durch zahlreiche nachfolgende Übereinkommen, zu Völkergewohnheitsrecht. Zu nennen sind insbesondere die beiden Übereinkommen von 1966 über die bürgerlichen und politischen Rechte und über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, die zusammen mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte den Grundkodex der internationalen Staatengemeinschaft bilden und oft als die „International Bill of Human Rights“ angesprochen werden. Ihnen folgten zahlreiche UN-Konventonen bis hin zur UN-Behindertenrechtskonvention von 200614.

Der UN-Weltgipfel von 2005 hat der International Bill of Human Rights nun mit seinem Bekenntnis zur Responsibility to Protect auch ein erstes praktisches Vollzugsinstrument an die Seite gestellt.

Kofi Annan (*1938)

Kofi Annan, der siebte UN-Generalsekretär, ist der Vater der UN-Doktrin von der Responsibility to Protect (R2P)

  • Auf Betreiben von Kofi Annan übernahm 2005 in New York der Weltgipfel der Vereinten Nationen in das Abschlussdokument den Grundsatz der Reponsibility to Protect. Danach ist jeder Staat verpflichtet, seine Bürger vor schwersten Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der nationalen Souveränität. Kommt ein Staat ihr nicht nach, geht diese Verantwortung auf die internationale Gemeinschaft über.
  • Unter „schwerste Menschenrechtsverletzungen“ sind insbesondere zu verstehen Völkermord, Kriegsverbrechen, Verfolgung ethnischer Minderheiten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
  • Vorallem der Genozid von 1994 in Ruanda hat die Vereinten Nationen dazu gebracht sich zum Grundsatz der Reponsibility to Protect zu bekennen.
  • Andrea Böhm und Gero von Randow15 sehen die UN durch die Kriege in Syrien und in der Ukraine in ihrer Substanz angegriffen. Alle Fortschritte des humanitären Völkerrrechts würden dort straflos missachtet. Zwei der erfahrenesten UN-Vermittler, Kofi Annan und Lakhadar Brahimi seien mit ihren Friedensbemühungen gescheitert. Die R2P, das Konzept der Schutzvewrantwortung sei damit in Frage gestellt.

Raphael Lemkin (1900-1959) und die weltweite Strafbarkeit von Völkermord

Raphael Lemkin war ein Jurist und Friedensforscher aus Polen. 1947 verfasste er den Konventionsentwurf zur Bestrafung von Völkermord, den die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 9. Dezember 1948 mit 55 : 0 Stimmen als Resolution 260 A (III) verabschiedete (Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes). Sie trat am 12. Januar 1951 in Kraft und ist von 146 Staaten ratifiziert worden (Stand: 1. Januar 2015).

Die Konvention ist die Antwort der Welt auf die massenhaften Kapitalverbrechen aus Rassenwahn von 1933 bis 1945 in deutschem Namen, aber auch auf die Verbrechen von 1915/1916 an den Armeniern in der Türkei, denen Progrome 1875/1876 und 1895/1896 vorangegangen waren.

  • Lemkin, der auch in Heidelberg studiert hatte, hatte schon vor dem Zweiten Weltkrieg den Begriff Genozid (Völkermord) geprägt. Er hatte sich mit dem Schicksal der Armenier befasst, aufgeschreckt durch das Attentat des 24jährigen Armeniers Soghomon Tehlirian (1897-1960) am 15. März 1921 in Berlin. Dieser hatte Mehmet Talât Pascha vor dessen Wohnung in Berlin auf offener Straße erschossen. Talât Pascha, ehemaliger türkischer Innenminister und Großwesir, war 1919 in Istanbul wegen der von ihm organisierten Vertreibung und Ermordung der Armenier in Abwesenheit zum Tod verurteilt worden. Ein deutsches U-Boot hatte ihm jedoch in der Nacht vom 2. auf den 3. November 1918 die Flucht über Odessa ermöglicht – zusammen mit dem Kriegsminister Ismail Enver, dem Marineminister Ahmet Cemal Pascha, Doktor Nazim, Bahaettin Şakir und Cemal Azmi. Talât Pascha lebte dann unter dem Namen Ali Sai in Berlin. Tehlirian hatte seine Familie durch den Völkermord verloren und war selbst nur durch einen Zufall schwer verletzt entkommen. Das Geschworenengericht in Berlin sprach ihn aufgrund eines Gutachtens von Richard Cassirer wegen Schuldunfähigkeit frei.
  • Enver, Talât und Dschemal, die drei Paschas, die sich 1908 an die Macht geputscht hatten und dem Komitee für Einheit und Fortschritt vorstanden, hatten persönlich die Entscheidung zur Vertreibung und Ausrottung der Armenier („ethnische Säuberung“) getroffen. Erstmals in der Geschichte stellen die Sieger des Ersten Weltkriegs, allen voran die Briten, die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht. Allerdings gelang es der türkischen Nationalbewegung unter Mustafa Kemal (Atatürk) die in seinem Machtbereich befindlichen Kriegsgerichte zu schließen und die in Malta inhaftierten Mordverdächtigen durch Geiselnahmen und Gefangenenaustausch freizupressen. Sie wurden 1923 amnestiert und erlangten im neuen Staat hohe Ämter. Aus Mördern wurden vielfach geehrte Helden. Talâts sterbliche Überreste wurden vom NS-Regime 1943 mit militärischen Ehren in die Türkei überführt.
  • Hitler war über die Geschehnisse in der Türkei aus erster Hand unterrichtet gewesen: sein enger Vertrauter Erwin von Scheubner-Richter (1884-1923), Nationalsozialist der ersten Stunde (der beim Hilterputsch am 9. November 1923 als erster tödlich getroffen wurde und den bei ihm untergehakten Hitler mit zu Boden riss, was diesem das Leben rettete), hatte die Greuel der Vertreibung selbst erlebt – er war deutscher Vizekonsul 1915/1916 in Erzrum (Ostanatolien) gewesen und hatte dem deutschen Botschafter Wangenheim in Istanbul einen hilfesuchenden schriftlichen Bericht erstattet.

Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) – Pazifist und Befreiungstheologe

Dietrich Bonhoeffer wurde Anfang der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts zum Pazifisten. Sein Freund und Biograph Eberhard Bethge prägte für seinen inneren Werdegang die Formel: „Theologe – Christ – Zeitgenosse“- sie drückt eine Steigerung aus: Von der Theorie zur Praxis, von der allgemeinen christlichen Nächsten- und Feindesliebe zum tatkräftigen Eintreten für die Verfolgten in der Gegenwart, also besonders für die Juden. Und für den Frieden. Widerstand in aller Entschiedenheit und mit allen Konsequenzen.

Bonhoeffer postuliert:

  • Der nächste Krieg ist entschlossen zu ächten aus dem Gehorsam gegen das uns heute treffende Gebot, daß Krieg nicht mehr sein soll, weil er den Blick auf die Offenbarung raubt.16
  • Nur wer für die Juden schreit, darf gregorianisch singen!17
  • Dort wo eine Gemeinschaft des Friedens Wahrheit und Recht gefährdet oder erstickt, muß die Friedensgemeinschaft zerbrochen und der Kampf angesagt werden.18
  • Tat – Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen, nicht im Möglichen schweben, das Wirkliche tapfer ergreifen.19
  • Leiden – Nur einen Augenblick berührtest du selig die Freiheit, dann übergabst du sie Gott, damit er sie herrlich vollende.20
  • Wer von uns darf denn sagen, daß er wüsste, was es für die Welt bedeuten könnte, wenn ein Volk – statt mit der Waffe in der Hand – betend und wehrlos und darum gerade bewaffnet mit der allein guten Wehr und Waffe den Angreifer empfinge?21
  • Die letzten Dinge zeigen sich in der Geschichte, und diese ist offen für die Möglichkeiten des Reiches Gottes.
  • Gott ist da; d. h. nicht in ewiger Nichtgegenständlichkeit, sondern – mit aller Vorläufigkeit ausgedrückt -, habbar, fassbar in seinem Wort in der Kirche.22

Dietrich Bonhoeffer schrieb im Juli 1944 im Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis in Tegel das Gedicht:

Wer bin ich?

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich träte aus meiner Zelle
gelassen und heiter und fest
wie ein Gutsherr aus seinem Schloß.

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich spräche mit meinen Bewachern
frei und freundlich und klar,
als hätte ich zu gebieten.

Wer bin ich? Sie sagen mir auch,

ich trüge die Tage des Unglücks
gleichmütig, lächelnd und stolz,
wie einer, der Siegen gewohnt ist.

Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?

Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?
Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,
ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,
hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,
dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,
zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,
umgetrieben vom Warten auf große Dinge,
ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,
müde und zu leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,
matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?
Wer bin ich? Der oder jener?
Bin ich denn heute dieser und morgen ein anderer?

Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler

und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?
Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,
das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.

Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!

Aus: Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung (Gütersloh 2011) S. 513f.

Dag Hammarskjöld (1905-1961)

Chinamission: Ein besonderes Geschenk zum 50. Geburtstag

Im Koreakrieg (1950-1953) war eine amerikanische Flugzeugbesatzung, die nach ihren Hoheitszeichen zu einer auf südkoreanischer Seite operierenden UNO-Einheit gehörte, in chinesische Gefangenschaft geraten und dort als Spione zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Für die USA handelte es sich um Kriegsgefangene, für die der Gefangenenaustausch des Waffenstillstandabkommens von 1953 galt.

Mit der Resolution vom 7. Dezember 1954 forderte die UN-Generalversammlung die sofortige Freilassung und beauftragte ihren Generalsekretär Dag Hammarskjöld, „fortwährend und beharrlich“ die sichere Rückkehr der Inhaftierten zu erwirken. Damals hatte Taiwan den Sitz Chinas in der UNO inne. Die China-Mission war Hammarskjölds erster spektakulärer Auftrag. Er ersuchte sogleich den chinesischen Ministerpräsidenten Zhou Enlai um »ein persönliches Gespräch über aktuelle Fragen«. Am 5. Januar 1955 kam er nach Beijing, zu einem einwöchigen Chinabesuch, am 6. Januar fand das erste Gespräch der beiden statt, dem einige weitere folgten.

Ein halbes Jahr später, am 29.07.1955, erhielt Dag während seines Urlaubes in Südschweden die Mitteilung, die gefangenen US-Flieger seien frei gelassen worden, um die Freundschaft mit ihm aufrechtzuerhalten – so gratuliert Zhou Enlai ihm pünktlich zu seinem 50. Geburtstag. Hammarskjöld vermerkte in seinem Tagebuch (29.07.1955): „Scham mischt sich mit Dankbarkeit: Scham über alle Anläufe zu Eitelkeit, Missgunst und Nachgiebigkeit – Dank für alles, wozu mich vielleicht der Wille, nicht aber die Leistung berechtigen konnte. Manchmal gibt Gott uns die Ehre – für sein Werk.“ Als dann 01. August 1955 die Gefangenen freigelassen wurden, trug er in sein Tagebuch Ps. 115, 1 ein: „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen gib Ehre.“

Der Erfolg von Hammarskjölds Chinamission ist umso bemerkenswerter auf folgendem Hintergrund:

  • In der Ära McCarthy herrschte in den USA ein fanatischer Antikommunismus. Die nuklear hochgerüsteten Supermächte USA und Sowjetunion befanden sich auf Konfrontationskurs.
  • Außenminister J. F. Dulles verweigerte den Angehörigen die Ausreisegenehmigung zu Gefangenenbesuchen, als China solche Besuche als Vorstufe für eine Amnestie erlaubte – die USA könne die Sicherheit der Besucher nicht garantieren
  • Hinzu kam: Auf der Anreise zur Bandung-Konferenz (18. bis 24. April 1955 – dem ersten Treffen der „Blockfreien Staaten“) war Zhou Enlai nur denkbar knapp einem Attentat entgangen. Er war auf die „Kashmir Princess“ der Air India gebucht, hatte jedoch seine Reiseroute kurzfristig geändert. die „Kashmir Princess“ stürzte am 11. April 1955 von Hongkong kommend über dem indischen Ozean ab. 16 Menschen fanden den Tod, darunter vier Delegierte der Bandung-Konferenz (drei chinesische und ein nordvietnamesischer) und sieben Journalisten (5 chinesische, ein polnischer und ein österreichischer). Absturzursache war eine Zeitzünderbombe, ein (in USA hergestellter MK-7) Sprengkörper, der höchstwahrscheinlich in Hongkong an Bord gebracht worden sei, wie eine indonesische Untersuchungskommission am 26. Mai 1955 verlautbarte.
  • In Hongkong ermittelte die Polizei als Täter einen Chou Tse-ming. Er war durch plötzliche, seine Verhältnisse weit übersteigende, verschwenderische Ausgaben aufgefallen und hatte sogar mit seiner Tat geprahlt. Der Festnahme war er aber entgangen. Ein Lufttransporter der CIA hatte ihn nach Taiwan gebracht, das seine Auslieferung ablehnte. Die Kuomintang habe Chou angeworben, um Zhou Enlai zu töten, so das Ermittlungsergebnis der Hongkonger Polizei.
  • 1971 sprach Zhou Enlai bei einer persönlichen Begegnung Henry Kissinger direkt auf die Verwicklung der USA in das Attentat an. Kissingers Reaktion: „As I told the Prime Minister the last time, he vastly overestimates the competence of the CIA.“

Schaffung der UN-Blauhelme durch Dag Hammarskjöld (1905-1961) in der Suezkrise von 1956
  • Großbritannien und Frankreich besetzten als Antwort auf die Nationalisierung des Kanals durch Ägypten unter General Nasser 1956 die Suez-Kanal-Zone militärisch. Die Besetzung geschah zeitgleich mit dem zunächst erfolgreichen Aufstand in Ungarn gegen das von den Sowiets unterstützte kommunistische Regime – Ereignisse, die die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit angesichts der Ost/Westspannungen voll in Anspruch nahmen.
  • Die UNO-Vollversammlung und ihr Generalsekretär Dag Hammarskjöld (1953-1961) beendeten – ungeachtet des Vetos von Großbritannien und Frankreich im Sicherheitsrat – diese Besetzung mittels einer neu geschaffenen UNO-Friedenstruppe, den Blauhelmen. Die UNO verhinderte so die Eskalation der Krise zur offenen militärischen Konfrontation der Supermächte
  • Dag Hammarskjöld machte sich indessen damit keine Freunde unter den Weltmächten.

Tod von Dag Hammarskjöld

Wird die Ursache des Flugzeugabsturzes am 17./18. September 1961 am Flughafen Ndola in Sambia nun aufgeklärt werden?

  • Dag Hammarskjöld kam in der Nacht zum 18. September 1961 mit 15 anderen Menschen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat am 16. März 2015 eine Expertenkommission berufen, die neue Beweise prüfen soll.
  • Chef der neuen dreiköpfigen Kommission ist Mohamed Chande Othman, früher der oberste Richter Tansanias. Ihm zur Seite stehen die australische Luftfahrtexpertin und Pilotin Kerryn Macaulay und der Ballistikfachmann und Interpol-Berater Henrik Larsen aus Dänemark. Ban rief alle UN-Staaten auf, jegliches Beweismaterial freizugeben, das die Wahrheit ans Licht bringen könnte.
  • Eine internationale Juristenkommission,23 die diese neuen Ermittlungen angestoßen hat, sieht Beweise für eine „physische Präsenz der Vereinigten Staaten“ am Flughafen Ndola in der Nähe der Absturzstelle. Daher sei es sehr wahrscheinlich, dass die NSA und möglicherweise auch die CIA den Funkverkehr in der besagten Nacht abgehört hätten. Außerdem gebe es „überzeugende Beweise“, dass Hammarskjölds Flugzeug „einer Form von Angriff oder Bedrohung“ ausgesetzt gewesen sei, als es zum Landeanflug in Ndola ansetzte.

Ein Gebet von Dag Hammarskjöld
Gib uns reinen Geist, damit wir dich sehen,
demütigen Geist, damit wir dich hören,
liebenden Geist, damit wir dir dienen,
gläubigen Geist, damit wir dich leben. –
„Du,
den ich nicht kenne,
dem ich doch zugehöre.
Du,
den ich nicht verstehe,
der dennoch mich weihte
meinem Geschick,
Du –.

Dag Hammarskjöld, Zeichen am Weg S. 112

Hjalmar Hammarskjöld (1862-1953)

Hjalmar Hammarskjöld war Dag Hammarsjölds (1905-1961) Vater. Sechs Monate vor seinem Tod durfte er noch die Wahl seines jüngsten Sohnes zum zweiten Generalsekretär der Vereinten Nationen erleben. Er hatte den Sitz Nummer 17 der schwedischen Akademie innegehabt. Diese wählte den (jüngsten) Sohn zu seinem Nachfolger, woauf dieser die Gedenkrede auf den Vater zu halten hatte.

Hjalmar Hammarskjöld war ein höchst promineter Juraprofessor mit nachaltigem Einfluss auf die schwedische Gesetzgebung gewesen. Er hatte höchste Ämter in Schweden inne gehabt (Justizminister 1901-1902, Kultusminister 1905, Ministerpräsident von 1914-1917, Vorsitzender der Nobel-Stiftung von 1929-1947) und war ab 1904 Mitglied des Ständigen Internationalen Schiedsgerichtshofs in Den Haag sowie schwedischer Delegierter der Friedenskonferenz von 1907 in Den Haag gewesen.

Dag Hammarskjöld legt in der Gedenkrede dar, sein Vaters habe an ein internationales Recht geglaubt, durch das eine internationale „civitas legum“, eine Weltgemeinschaft durch Gesetze, zustande kommen könne:

„Wenn ich diesen Internationalismus, den Hjalmar Hammarskjöld vertrat, zu deuten versuche, scheint mir folgendes den Schlüssel zu liefern. Civitas dei, der Gottesstaat, war der Traum der Vergangenheit. Der Versuch unserer Zeit, eine internationale Organisation mit gemeinsamen exekutiven Organen zu schaffen, war noch nicht an den Tag getreten. Statt dessen taucht hier, noch undeutlich, der Gedanke einer Weltgemeinschaft auf, in dem die Nationalstaaten im Schutz eines Internationalismus leben, der seine Stärke aus der eigenen logischen Natur des Rechts nimmt, nicht aus einem Diktat der Macht, und in dem darum die einzigen internationalen Organe, die erforderlich sind, rechtlicher Natur sind.“

Dag Hammarskjöld bezieht diesen Glauben des Vaters sowohl auf Jesaja und dessen Gottesreich des Friedens, als auch auf Immanuel Kants Schrift von 1795 „Zum ewigen Frieden“ und auf Bertha von Suttner, die Zar Nikolaus II. von Rußland für die Friedensidee gewinnen und so die ersten beiden – neueren – Friedenskonferenzen von Den Haag von 1899 und 1907 initiieren konnte. Diese hätten den Weltkrieg nicht verhindert, was aber nicht zu dem Gerede berechtige: „Es hat immer Krieg gegeben und wird immer welchen geben.“ Es bleibe beim: Krieg ist nichts weiter als ein „Menschenschlachthaus“ (so der Titel des aufrüttelnden Werks von Wilhelm Lamszus von 1912).

Quelle: Walter A. Berendsohn: Dag Hammarskjöld und sein Werk. Vortrag vom 20. Juni 1963 in Dortmund, Dortmunder Vorträge Reihe B Heft 1 1963 und Wikipedia.

Elisabeth Mann Borgese (1918-2002)

Elisabeth Mann Borgese hatte maßgebenden Anteil am Entwurf einer Weltverfassung (World Constitution) und am Zustandekommen der UN-Seerechtskonvention vom 10. Dezember 1982.

  • Mitte der 1940er Jahre gründete der Präsident der Universitiy of Chicago Robert M. Hutchins das „Committee to Frame a World Constitution“. Generalsekretär wurde Giuseppe Antonio Borgese, Elisabeth Manns Ehemann, sie selbst seine engste Mitarbeiterin. 1950 wurde sie Präsidentin des Dachverbands der Vereinigungen, die sich um eine Weltregierung bemühten. Dazu näheres bei Robert L. Tsai, America’s Forgotten Constitutions (Havard 2014). Inzwischen gibt es eine „Verfassung für eine Weltföderation“ (auf Deutsch im internet), die 1991 in Troia (Portugal) von ihren Verfassern verabschiedet und den Völkern und Menschen der Erde weltweit zur Ratifizierung übergeben worden ist.
  • Elisabeth Mann Borgese initiierte ab 1970 jährliche internationale Seerechtskonferenzen. Sie führten zur UN-Seerechtskonvention vom 10. Dezember 1982 sowie zu weiteren internationalen Seerechtsregelungen.
  • Die ihr wichtigste Forderung, die Bodenschätze der freien Weltmeere zum gemeinsamen Erbe der Menschheit zu erklären, setzte sich allerdings nicht durch. 1972 gründete sie in Malta das “International Ocean Institute”.

KSZE, OSZE und vertrauensbildende Maßnahmen

  • Die am 1. August 1975 in Helsinki unterschriebene KSZE-Schlussakte enthält in Abschnitt 1 das Dokument zu vertrauensbildenden Maßnahmen im militärischen Bereich. Zu den konkreten sicherheitspolitischen Vereinbarungen gehören die Ankündigung von Manövern ab 25.000 Soldaten mindestens 21 Tage im Voraus und die Einladung von Beobachtern zu diesen Manövern.
  • Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE = Organisation for Security and Co-operation in Europe,) ist eine permanente Staatenkonferenz zur Friedenssicherung. Sie entstand am 1. Januar 1995 als Nachfolgerin der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE).
  • An der OSCE nehmen 57 Staaten teil: alle Staaten Europas (inklusive der Türkei und Russlands, außer Kosovo), die Mongolei, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie die USA und Kanada. Der Sitz des Generalsekretariats und der wichtigsten Gremien ist Wien.

Friedensforschung

Viele Länder und Religionsgemeinschaften, internationale Institute und Nicht-Regierungs-Organistionen schaffen Werke des Friedens in Gestalt von intensiver Konflikt- und Friedensforschungen. Hier seien – mehr oder weniger willkürlich – einige wenige Namen und Stichwörter herausgegriffen.

Ökumenischer Rat der Kirchen (World Council of Churches/WCC), gegründet 1948 in Amsterdam:„Krieg scheidet darum als Mittel der Politik aus und darf nach dem Willen Gottes nicht sein.“ Pax Christi, die, die Ende des 2. Weltkrieges von Frankreich ausgehende katholische Friedensbewegung, die insbesondere für die Aussöhnung mit den Deutschen eintrat.

Gaudium et Spes, Das Konzilsdokument von 1965: Es erklärte die völlige Abschaffung des Krieges zum verbindlichen Ziel. Zwar billigt die Erklärung das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung, tritt aber zugleich vehement für die Forderung nach einer internationalen friedenschaffenden Autorität ein.

Ökumenischer Aufruf zum gerechten Frieden der Internationale Konvokation von 2011 in Kingston, Jamaika und die ihr folgende Erklärung über den Weg des gerechten Friedens der 10. Vollversammlung des WCC 2013 (Dokument Nr. PIC 02.4) in Busan (Südkorea)24. Insbesondere Punkt 10 des Aufrufs enthält die Ersetzung der Lehre vom gerechten Krieg durch die Lehre von gerechten Frieden.

Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen, die Denkschrift des Rates der Evangelische Kirche in Deutschland von 2007: „Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten. Wer aus dem Frieden Gottes lebt, tritt für den Frieden in der Welt ein. Gerechter Frieden in der globalisierten Welt setzt den Ausbau der internationalen Rechtsordnung voraus. Staatliche Sicherheits- und Friedenspolitik muss von den Konzepten der „Menschlichen Sicherheit“ und der „Menschlichen Entwicklung“ her gedacht werden.“

Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens, das Diskussionspapier von 2013 der Landessynode der Evangelische Landeskirche in Baden: der Kirchenbezirk Breisgau Hochschwarzwald hatte 2011 einen Vorstoß zur Neuorientierung der Friedensethik unternommen und die Abkehr von militärischer Konfliktregelung und das Bekenntnis zur Gewaltfreiheit als einziger Option gefordert. Das Diskussionspapier ist das Ergebnis eines breiten Konsultationsprozess, an dem fast alle Kirchenbezirke, die Militärseelsorge25 und viele Einzelpersonen teilnahmen. Im entscheidenden Punkt folgten viele Bezirke und das Diskusionspapier dem Breisgauer Vorstoß allerdings nicht. Die Schutzverantwortung für Schwächere lasse eine solche absolute Gewaltfreiheit nicht zu. Die Landessynode beschloss jedoch eine Vielzahl von Schritte, die auf dem Weg zu einer Kirche des gerechten Friedens (Schalom) und des Friedenlernens zu gehen sind.

Friedenslogik statt Sicherheitslogik. Unter diesem Titel fand Anfang März 2012 eine Tagung der Evangelischen Akademie Loccum statt. Hanne-Margret Brickenbach unternahm es in ihrem Beitrag, diese beiden Begriffe von einander abzugrenzen und die Friedenslogik am Beispiel Syrien im Detail zu exemplifizieren.

Weitere Stichwörter sind die „elicitive (=hervorlockende) Konflikttransformation“ des Jean Paul Lederach oder der „transrationale Friede“ als einer der fünf Frieden, die Wolfgang Dietrich in seinen „Variationen über die vielen Frieden“ beschreibt.26

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